5 Fragen an... Prof. Hans Hiesberger

Freischaffender Künstler.

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Foto: Ingo Polanz

1.    Ihr künstlerisches Schaffen begleitete Generationen von Kunstliebhabern im In- und Ausland. Als Würdigung und Anerkennung Ihrer Verdienste und Leistungen im Bereich der Bildenden Künste wurde Ihnen voriges Jahr die Goldene Medaille der Landeshauptstadt Klagenfurt verliehen. Wie würden Sie die Verbindung zu Ihrem Geburtsort beschreiben?
Für meine Verbindung zu Klagenfurt muss ich ein wenig ausholen: Mein Großvater kommt ursprünglich aus Oberösterreich und arbeitete auf einem Bauernhof. Sein Sohn hat in Istrien gelernt, kam nach Österreich zurück und war als Ingenieur bei den Stadtwerken tätig. Meine Mutter ist in Konstantinopel – dem heutigen Istanbul – geboren und in der Monarchie hat Österreich auch die Post in der Türkei betrieben. Als in Klagenfurt die Postdirektion gebaut wurde, war mein Großvater mütterlicherseits der erste Postpräsident in Kärnten. 
Nach dem Zusammenbruch der Monarchie war es für die Familie eine schwierige Zeit. Meine Mutter wurde Kindergärtnerin und hat in Klagenfurt später meinen Vater kennengelernt, der sich ihr zuliebe scheiden ließ. Am 14. März 1938 kam ich zur Welt. Mein Vater trat in Folge einer Widerstandsbewegung bei, die von dem Mann der besten Freundin meiner Mutter organisierte wurde. Er hat zwar den Krieg überlebt, verstarb aber im Jahre 1946. Die Zeit nach dem Krieg war ebenso schwierig, denn meine Mutter musste sich um drei Kinder kümmern und u.a. ist mein Onkel als einer der Letzten aus Stalingrad rausgekommen. Meine Großeltern haben damals immer gesagt, dass die Welt für sie 1918 zusammengebrochen ist. Persönlich hatte ich in meiner Kindheit immer eine eher isolierte Rolle, aber wenn man am Kreuzbergl in einer Villa wohnt, ist man für viele schon einmal „anders“. 
An meinen Vater habe ich leider wenig Erinnerungen, aber ich kann mich noch genau erinnern, dass er in seiner Schublade immer eine Schachtel mit farbigen Bleistiften für die Arbeit hatte, die ich aber nie anfassen durfte. Nach seinem Tod war eine der ersten Fragen an meine Mutter, ob ich seine Farbstifte haben dürfte. Vielleicht bin ich deshalb einer der wenigen Maler, die eine wirkliche Beziehung zur Farbe haben – also von der Veranlagung her bzw. auch durch die Schulung meines Lehrers A.C. Andersen. Auch Peter Krawagna hat übrigens sein Farbwissen von ihm gelernt. Meine Mutter arbeitete folglich für das Land bzw. die Caritas und ich muss sagen, ich hatte wirklich eine wunderschöne Kindheit, u.a. durch die Liebe meiner Mutter und die altösterreichische Erziehung meiner Großmutter, die mich übrigens am meisten geprägt hat. Sie war aus der Wiener Gesellschaft, gebildet und konnte selbst sehr hübsch malen, überdurchschnittlich gut. Allerdings sah sie dies als Bildung bzw. Zeitvertreib an und nicht für einen kommerziellen Zweck. 
In der ersten Klasse der Mittelschule hatte ich einen Zeichenlehrer, der mein Talent erkannte. Daraufhin habe ich für mich zu malen begonnen und meine Mitschüler wollten immer öfter, dass ich für sie etwas zeichne. In der Schule wurden wir dann mit der modernen Kunst vertraut gemacht und so sah ich mit 14, 15 Jahren zum ersten Mal Van Gogh und Cézanne, was in mir etwas auslöste. Nach dem Abschluss der Mittelschule folgte die Matura, bevor ich 1956 nach Wien in die Akademie der Bildenden Künste, unter A.C. Andersen, gegangen bin – ich war quasi sein letzter Schüler. Danach habe ich einige Preise gewonnen und nach meiner „Lehrlingszeit“ in der Akademie ein Stipendium für Rom bekommen - das war für mich eine ganz andere, interessante Welt. Gewohnt habe ich in einem Studentenheim mit internationalen Studenten. In Rom habe ich mich natürlich mit einer Vespa fortbewegt und eine Italienerin kennen und lieben gelernt, dessen Onkel mein erster großer Mäzen gewesen ist. Das Erlebnis Rom hat mir in Summe aber wenig gegeben, sowohl klimatisch als auch freundschaftlich. Danach war ich u.a. kurz in Holland, wo ich an die Akademie gegangen bin. Komischerweise habe ich in Holland keine Landschaften malen können, es war irgendwie kein Hintergrund vorhanden, der mich ansprach. Ein Bild habe ich als Erinnerung angefertigt, mehr aber nicht. Danach reiste ich u.a. nach Spanien, Italien, Griechenland, Portugal, England, Schottland, wobei Schottland bzw. England für mich das zweite große Landschaftserlebnis, nach Klagenfurt, war. Die erste Galerie, in der ich in Klagenfurt ausgestellt habe, war übrigens die Galerie Slama am Benediktinerplatz. Generell waren die meisten meiner Ausstellungen für karitative Zwecke, denn als Maler soll man immer auch ein Stück weit ein Missionar der Kunst sein. 

2.    Ihr Weg des künstlerischen Schaffens begann also mehr oder weniger während ihrer „Lehrlingszeit“ in der Akademie der Bildenden Künste in Wien unter Professor A.C. Andersen. Darauf folgte u.a. ein Staatspreis, der Preis des Landes Kärnten und 2008 wurde Ihnen der Professor-Titel verliehen. Wie wichtig ist es aus Ihrer Sicht, dass Künstler ihr Handwerk fundiert erlernen, um in weiterer Folge eine eigene Ausdrucksart zu finden?
Es gibt eine traditionelle Malerei, die man lernen muss und auch mehr oder weniger begabte Hobbykünstler, die natürlich ihre Berechtigung haben. Schade ist jedoch, dass es für die Malerei in Kärnten keine Hochschule gibt, so wie es sie für die Musik gibt, wo man junge Leute wirklich heranbilden kann. Ich sage immer: Wenn man Maler ist, muss man sein Handwerk von einem lernen, der das schon kann. Man lernt reden, man lernt sehen, man lernt tasten, man lernt fühlen… durch die Malerei kann man Dinge dokumentieren, die man mit den Augen erkennen kann. Die Malerei der Renaissance in Europa hat diesbezüglich einen hohen Stellenwert und die Qualität einer Kunst ist auch abhängig von der elitären Qualität der Umwelt. Der denkende Mensch muss sich immer interessieren etwas zu hinterfragen bzw. zu lernen. Das Phänomen ist, dass man durch die Malerei eigentlich gut verdienen kann, da der Materialwert gering ist. Was ich kritisiere ist, dass die jetzige teuer bezahlte Malerei für den normalen Menschen häufig nicht mehr verständlich ist und oft nur mehr als reines Spekulationsobjekt dient. Die finanzielle Überbewertung der bildenden Kunst würde ich übrigens – um ein Modewort zu erfinden – als „Benko-Syndrom“ bezeichnen. Die hohe Qualität der Kunst ist, dass das mühsam Erarbeitete wie zufällig wirken soll, eine Lockerheit muss vorhanden sein. Die Malerei kann und soll Fantasie entwickeln. 

3.    Egal ob Kärnten, Italien, Spanien, Frankreich, Portugal, Griechenland, Großbritannien, Israel oder sonst wo auf der Welt: Ihre Landschaftsbilder entstanden oft direkt in der freien Natur. Würden Sie kurz erläutern, warum dieses Setting für Sie wichtig ist und eventuell gibt es eine kleine Anekdote?  
Am Anfang bin ich immer in die Natur gegangen, um den Wörthersee und den Ulrichsberg zu malen… dies waren meine Hauptmotive. Mich faszinierte die klare Glätte des Wassers und die „Bewegungen“ der Berge, die einen Spannungsbogen erzeugen. Wenn man die Jahreszeiten, das Klima, das Licht, etc. berücksichtigt, ist so viel Interessantes und Abwechslungsreiches zu sehen. Das räumliche Spiel mit kalten und warmen Farben, der Pinselstrichdicke, etc. bietet viele Möglichkeiten. Die Klagenfurter Umwelt hat mich stark geprägt. Bezüglich der Anekdote: Ich habe einmal um die Weihnachtszeit beim See Aquarelle gemalt. Den Temperaturen geschuldet sind die Aquarelle eingefroren, weshalb ich nach Hause ging, um sie zu trocknen. Ersichtlich blieben kristallähnliche Eisflecken auf den Bildern, bei denen die Farbe verblasste. Als ich meinem Lehrer die Bilder zeigte und meinte, dies sei etwas Neues hat er gelächelt und mir verdeutlicht, dass dies witzig aussehe aber ich solle bei den Werken ernst bleiben und keine Effekthascherei betreiben. Ich müsste mich bei der Erstellung stets genau entscheiden, welche Farbe bzw. welchen Farbton ich verwende möchte.   

4.    Für den Leichtathletik Club Klagenfurt haben Sie u.a. eine Bildertrilogie „Sprung-Sprint-Wurf“ geschaffen, welche großflächig in der Leopold-Wagner-Arena ihren Platz findet. Wie ist Ihre Verbindung zur Leichtathletik bzw. zum Sport im Allgemeinen?
Ich war immer ein begeisterter Sportler und u.a. Privatskilehrer in der Schweiz. Früher interessierte mich auch die Leichtathletik und nunmehr eher Golf und Reiten. Ich habe auch ein eigenes Pferd mit schwierigem Gemüt, das für mich zur Besinnung wichtig ist, denn man muss bei ihm mit Ruhe agieren. Ich war nie ein Wettkampfsportler, das hat mich nie gereizt. Zudem war ich zu aufgeregt und mir haben jene Leute leidgetan, die verloren haben. 

5.    Wenn Sie zurückblicken… welche Ereignisse mit Bezug zu Ihrer künstlerischen Tätigkeit waren für Sie am prägendsten und welche haben Ihnen am meisten Freude bereitet?
Am prägendsten war es für mich, wenn Leute die meine Arbeit nicht gekannt haben von meinen Werken „elektrisiert“ waren. In Rom habe ich z.B. einen bekannten chilenischen Schriftsteller porträtiert. Dessen Bekannte waren von meinem Werk überaus begeistert und haben mich als Revolutionär bezeichnet. Meine Arbeiten wären ihnen zufolge viel interessanter, als ich nach außen wirke. Das positive Feedback der Leute auf meine gezeichneten Bilder hat mir stets große Freude bereitet und umso mehr, wenn die Menschen sich vorher gar nicht für die Malerei interessiert haben. Für mich als Künstler ist in der Malerei generell das Schönste, wenn der Betrachter eine Bereicherung seiner Gefühlswelt erleben kann und wenn man dies auch sieht. 
 


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