Würdiges Erinnern an die medizinischen Opfer des NS-Regimes
Schon in seiner ersten Amtsperiode als Bürgermeister hat sich Christian Scheider für eine nachhaltige Gedenk- und Erinnerungskultur in Klagenfurt eingesetzt. Stolpersteine wurden verlegt, eine jährliche Holocaust-Matinee ins Leben gerufen, der jüdische Friedhof generalsaniert und Vieles mehr. Auch ein Gedenk- und Erinnerungsbeirat wurde ins Leben gerufen, der sich mit dunklen Seiten der Vergangenheit Klagenfurts auseinandersetzt und an Projekten und Initiativen wider das Vergessen arbeitet. „Es gehört auch zu den wichtigen Aufgaben einer Stadt, sich der Vergangenheit offen zu stellen“, so Bürgermeister Christian Scheider, der gemeinsam mit Univ. Prof. Dr. Peter Gstettner (Vorsitzender des Erinnerungsbeirates) und Primarius Mag. Dr. Herwig Oberlerchner zu einer Pressekonferenz zum Thema "Künftige Initiativen für eine würdige Erinnerung an die medizinischen Opfer der NS-Zeit" ins Rathaus eingeladen hatte.
„Im Namen der Stadt Klagenfurt am Wörthersee möchte ich mich als Bürgermeister stellvertretend bei jedem einzelnen Opfer des Naziregimes und deren Angehörigen offiziell entschuldigen“, so Scheider und weiter: AAls Landeshauptstadt werden wir keine Kraftanstrengung auslassen um zu verhindern, dass es jemals wieder zu Verbrechen gegen die Menschheit kommt. Ich möchte meiner kleinen Tochter sagen können Humanität ist keine Selbstverständlichkeit man muss dafür Bewusstsein schaffen und ich habe dazu beigetragen.“
Zusatztafel statt Umbenennung
Anlass war mitunter die kürzlich aufgekommene Diskussion einer Umbenennung der Dr.-Franz-Palla-Gasse. Diese sollte, so der Wunsch einer Künstler-Initiative, nach dem in besagter Gasse geborenen, 2009 verstorbenen Schriftsteller Gert Jonke benannt werden. Gert Jonke hätte heuer seinen 75. Geburtstag gefeiert. In Abstimmung mit der Lebensgefährtin Jonkes wurde kürzlich in einer Sitzung des Klagenfurter Stadtsenates beschlossen, zu Ehren des Sprachkünstlers den Lorelei-Steg am Lendkanal in Gert-Jonke-Steg umzubenennen. Jonke hat die Gegend um den Lendkanal sehr geschätzt und in einigen seiner Werke beschrieben.
Die Dr.-Franz-Palla-Gasse, die den Namen behält, soll stattdessen eine Zusatztafel bekommen, auf der auf die Verbrechen des in der NS-Zeit praktizierenden Arztes hingewiesen wird. Palla hat in der damaligen Landeskrankenanstalt Klagenfurt Zwangssterilisierungen durchgeführt.
Die Gasse steht nicht zuletzt auch deshalb im Fokus, weil sie unmittelbar zum Krankenhausareal führt, wo die Verbrechen passiert sind.
Der Erinnerungsbeirat wurde mit Beschluss des Stadtsenates beauftragt, den Inhalt und Vorschläge für die Ausgestaltung der Zusatztafel in der Dr.-Franz-Palla-Gasse auszuarbeiten. Diese Vorschläge sollen dann auf breiter Ebene und, wie Bürgermeister Scheider betont, „mit voller Transparenz“ diskutiert werden.
Belastete Straßennamen gehören nicht ins Stadtbild
Univ. Prof. Dr. Peter Gstettner geht es in diesem Zusammenhang nicht um Zeitdruck, bis wann die Tafel angebracht sein soll. „Wichtiger ist es, breit zu diskutieren“, damit unterschiedliche Zugänge einfließen können. Grundsätzlich sei er, so Gstettner, allerdings persönlich der Ansicht, dass belastete Straßennamen nicht ins Stadtbild gehören.
Todestransporte aus Klagenfurt
Primarius Mag. Dr. Herwig Oberlerchner sprach sich grundsätzlich für die der Zusatztafel im Sinne des Opfergedenkens aus. Er könne sich auch einen Gedenkort für die Opfer der medizinischen Opfer der NS-Zeit vorstellen. Oberlerchner gab einen historischen Überblick über die Geschehnisse im damaligen Krankenhaus und schilderte auch sogenannte Todestransporte nach Linz. Er habe sich intensiv mit den Geschehnissen im Krankenhaus Klagenfurt in der NS-Zeit beschäftigt und müsse festhalten, dass 739 Menschen in den Todestransporten waren und etwa zusätzliche 700 mit Überdosierungen von Medikamenten getötet worden seien.“
„Humanität, Menschlichkeit und Demokratie sind keine Selbstverständlichkeit. Deshalb ist es wichtig, auch die dunklen Seiten der Geschichte in Erinnerung zu halten, weiterhin gegen das Vergessen zu kämpfen und Menschen zu sensibilisieren“, so Bürgermeister Scheider. Zusatztafeln, wie sie in vielen internationalen Städten verwendet werden, stellen für ihn eine gute Möglichkeit dar, auf Verbrechen der NS-Zeit im Zusammenhang mit der genannten Persönlichkeit hinzuweisen und somit Interessierte gezielt und historisch richtig aufzuklären.