Holocaust-Matinee

Mit einer berührenden Veranstaltung gedachte die Stadt der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Jänner 1945. Als Zeitzeuge sprach Erich Richard Finsches (93).

Zum achten Mal gedachte die Landeshauptstadt Klagenfurt mit einer Matinèe der Opfer des Holocaust, jener Menschen die vom Nazi-Regime systematisch erniedrigt, gedemütigt, gefoltert, ermordet wurden. Die Veranstaltung wird in Kooperation mit dem Beirat für Gedenk- und Erinnerungskultur der Stadt, erinnern.at, Memorial Kärnten-Koroška und dem Mauthausen Komitee Kärnten/Koroška durchgeführt.

Im vollbesetzten großen Saal des Künstlerhauses konnte Bürgermeisterin Dr. Maria-Luise Mathiaschitz zahlreiche Ehrengäste begrüßen. Allen voran den 93jährigen Erich Richard Finsches. Als Sohn einer jüdischen Wiener Familie mit 63 Mitgliedern überlebte er als Einziger den Holocaust. Mit zehn Jahren wurde er das erste Mal von der Gestapo verhaftet, verhört, gefoltert, ins Arbeitslager Eisenerz gebracht. Flucht, Überleben in Wald und Untergrund, Dachau, Auschwitz – Finsches hat alles überlebt und erzählt als einer der wenigen noch lebenden Zeitzeugen immer wieder von seinem Schicksal. Besonders gerne vor Jugendlichen, wie am Freitag in der Klagenfurter HTL um zu mahnen und warnen: „So etwas darf nie wieder geschehen“.

Bürgermeisterin Dr. Maria-Luise Mathiaschitz dankte Finches mit herzlichen Worten für sein Kommen und die Bereitschaft über schreckliche Zeiten zu sprechen. „Denn uns allen ist klar: Wir müssen wachsamer denn je sein, immer bereit gefährlichen Strömungen sofort gegenzusteuern“, sagte die Bürgermeisterin bei der Gedenkmatinee. Befeuert von den sozialen Medien werde der Alltagsrassismus stärker, werden wieder Menschen wegen Hautfarbe, Religion,  Kleidung, Herkunft diskriminiert, verspottet, verfolgt.

Dr. Mathiaschitz weiter: „Die Justizministerin Dr. Alma Zadić muss wegen rassistischer Beschimpfungen und Morddrohungen rund um die Uhr bewacht werden, in Deutschland wird der Kasseler Regierungspräsident vor seinem Haus erschossen, weil er sich für Flüchtlinge einsetzt, ein Holocaust-Leugner in Halle an der Saale erschießt vor einer Synagoge Passanten und ein Vizebürgermeister vergleicht Menschen mit Ratten und schreibt von "Kanalisationshintergrund". Hass und Hetze seien in der Gesellschaft angekommen.

Bei Gedenkveranstaltungen mahnen, in Schulen die jungen Menschen aufklären, das Gedenken an die Opfer im öffentlichen Raum sichtbar, unübersehbar machen, sei oberste Aufgabe, stellte die Bürgermeisterin fest. Klagenfurt habe dies mit den in der Stadt verlegten Stolpersteinen, der Gedenkstätte in der Platzgasse, mit der Sanierung des jüdischen Friedhofes und den jährlichen Gedenkveranstaltungen getan.

„Auschwitz ist unsere Vergangenheit und wird es immer sein“, stellte Univ.Prof. Dr. Peter Gstettner, Vorsitzender des Klagenfurter Gedenk- und Erinnerungsbeirates seiner Rede voran und mahnte ebenfalls ein, wie wichtig es ist, die Jugend über diese Vergangenheit aufzuklären. Er zitierte aus erschütternden Erzählungen von Elie Wiesel über den Transport nach Auschwitz und die Ankunft im Vernichtungslager.

Vinzenz Jobst, Mitglied im Gedenk- und Erinnerungsbeirat der Stadt moderierte die Veranstaltung und führte das Interview mit Zeitzeugen Erich Richard Finsches. Fast unglaublich erscheint es, dass ein 10jähriger solche Foltern und Strapazen überleben konnte. Finsches muss seit Kriegsende, wo er dann 17 Jahre alt war, mit zahlreichen Behinderungen leben, wird aber nie müde als Mahner unterwegs zu sein. In der Web-Mediathek „Österreich am Wort“ gibt es einige Videos mit seiner Lebensgeschichte zum Nachsehen und Nachhören.

Finsches trug sich zum Schluss der Veranstaltung in das Goldene Buch der Stadt Klagenfurt ein, die phantastische Musikbegleitung mit Klarinette und Ziehharmonika kam von den Geschwistern Spitzer.