5 Fragen an... Gert Eggenberger

Kärntens Pressefotografie-Ikone

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FC privat

1.    Wenn man Ihre Arbeit betrachtet, wird schnell klar: Sie sind mehr als ein Fotograf – Sie sind ein visueller Chronist Kärntens. Ob Wagner-Attentat, Dalai Lama oder Papstbesuch – Ihre Bilder haben Geschichte geschrieben. Was hat Sie über all die Jahre angetrieben, solche Momente festzuhalten? Und welche Herausforderungen mussten Sie dabei immer wieder überwinden – sei es technisch, emotional oder menschlich?
Meine Antriebe waren Neugierde und der Ehrgeiz, alles Wichtige und Interessante festzuhalten. Die technische Entwicklung war enorm. Bis in die 80er-Jahre gab es keinen Autofokus, keine Belichtungsautomatik, ein Film hatte nur 36 Aufnahmen und die Lichtempfindlichkeit war mit 400 ASA begrenzt. Heute kann man schon mit einem Handy in jeder Situation halbwegs brauchbare Fotos machen. Auch die Menschen waren offener beim Fotografieren, es gab kaum Einschränkungen. Ich war meist allein oder vielleicht mit ein bis zwei Kollegen vor Ort. Heute sind bei jedem Ereignis dutzende Handyfotografen und Videofilmer. Wir mussten damals von jedem Ereignis schnell nach Hause fahren, die Filme entwickeln und die Fotos in die Redaktionen bringen. Die Bildübertragungen für die Agenturen wurden über die Telefonleitung analog überspielt. Ein Schwarz-Weiß-Bild brauchte z.B. acht Minuten bis zum Empfänger.

2.    Sie waren bei zahlreichen dramatischen Ereignissen hautnah dabei – von Flugzeugabstürzen über Attentate bis hin zu Großbränden. Gab es Momente, in denen Sie bewusst nicht fotografiert haben – aus Respekt, Emotion oder persönlicher Entscheidung und existieren in Ihrem Archiv Bilder, die Sie bis heute nicht veröffentlicht haben? Wenn ja: Was hat Sie dazu bewogen, diese Aufnahmen zurückzuhalten, und wie gehen Sie mit der Verantwortung um, die mit gewissen Aufnahmen einhergeht – sowohl gegenüber den abgebildeten Menschen als auch gegenüber der Öffentlichkeit?
Es gab früher nicht so viele Einschränkungen, da konnte man z.B. eine ganze Gerichtsverhandlung durchfotografieren; es wurden bis in die 80er-Jahre auch noch die Namen der Täter und Opfer in den Zeitungen geschrieben. Erkennbare Tote wurden jedoch nicht für die Zeitungen fotografiert. Tatortbilder wie damals sind heute nicht mehr möglich, vor Ort wird alles abgesperrt. Ich habe manchmal für die Gendarmeriebeamten Fotos gemacht, weil die damals keine Kameras hatten; diese habe ich aber nicht anderweitig verwendet.

3.    Über Jahrzehnte hinweg haben Sie den Wandel der Gesellschaft durch Ihre Linse dokumentiert. Wie hat sich Ihrer Meinung nach die Rolle des Fotojournalismus verändert – gerade in einer Zeit, in der Social Media und Smartphone-Fotografie unsere Welt mit Bildern überfluten? Und wenn Sie heute jungen Fotografen einen Rat mit auf den Weg geben könnten: Was würden Sie aus Ihrer Erfahrung gerne weitergeben?
Der Fotojournalismus hat sich mit der Digitalisierung total verändert. Es sind bei jedem Ereignis Handyfotografen dabei und die Bilder werden in Sekundenschnelle verbreitet. Die Zeitungen greifen auf Gratisbilder von sogenannten Leserreportern zurück und die Berufsfotografen machen kein Geschäft mehr. So hat die Kleine Zeitung das Fotohonorar für Berufsfotografen seit der Euro-Einführung vor über 20 Jahren nicht um einen Cent erhöht. Ich sehe keine große Zukunft für angehende Fotografen.

4.    Neben der Fotografie zählt die Musik zu Ihren großen Leidenschaften – eine beeindruckende Sammlung von über 40.000 Tonträgern zeugt davon. Wie würden Sie Ihre persönliche Beziehung zur Musik beschreiben, und was hat diese Sammelleidenschaft ursprünglich entfacht? Gibt es bestimmte Werke, die für Sie eine herausragende Bedeutung haben – sei es aufgrund ihrer musikalischen Qualität oder den damit verbundenen Erinnerungen?
Ich habe mittlerweile über 50.000 Platten in meinem Archiv und fast 150.000 Songs auf iTunes digitalisiert. Bis zu meinem achten Lebensjahr gab es noch kein Fernsehen, da war das Radio mit viel Musik präsent. Als ich das erste Mal bei Nachbarskindern einen Plattenspieler und die Vinylsingles gesehen und abgespielt habe, war ich so fasziniert, dass es mich nie mehr losgelassen hat. Die Musik aus der Jugend bleibt einem das ganze Leben. Ich glaube, jeder freut sich, wenn er vertraute Musik aus der Jugendzeit hört. Musik ist Emotion. Und auch die Geschichte der vielen Hits bzw. der Künstler ist interessant. Ich suche daher immer die vielen Versionen eines Musikstücks. So hat z.B. Udo Jürgens viele seiner Lieder in mehreren Sprachen gesungen, die habe ich alle gesucht und gefunden.

5.    Wenn Sie auf Ihr Lebenswerk als Fotograf zurückblicken und drei Aufnahmen benennen müssten, die für Sie eine besondere Bedeutung haben – welche Bilder wären dies und warum?
Drei Aufnahmen zu benennen ist schwer… Highlights meiner Karriere waren das Wagner-Attentat, Haider und Schüssel im Porsche und der gestrandete Langlauftrainer Walter Mayr in Paternion. Das waren die meist abgedruckten Fotos. Unvergesslich sind auch das Erdbeben in Friaul 1976, der Papstbesuch, der EU-Gipfel, das Tito Begräbnis in Laibach – wo ich mich auf einen LKW mit zwei offiziellen Fotografen, der vor dem Sarg voran fuhr – geschwindelt habe, der Jugoslawienkrieg, wo ich in Slowenien und Kroatien unterwegs war, das Siegestor des KAC von David Schuller im Finale gegen den VSV 2003 zum Meistertitel, die Taufe der Flick-Zwillinge in Maria Wörth, wo ich die ganze Security ausgetrickst habe, ein Postauto steckte im See mit der Werbung am Heck: „Wir sind überall“, ein Frontalzusammenstoß Porsche gegen Flugzeug in Köstenberg, usw.